gemixte Transparenz

Heute sorgte eine Pressemitteilung der Piraten(partei) aus Niedersachsen für einige Schlagzeilen in den Medien. Es ging darum, dass der Landesverband für seinen nächsten Landesparteitag bzw. für die Aufstellungsversammlung, Bereiche des Plenums für die Presse sperren möchte. So sollen Mitglieder, die nicht in den Medien erscheinen wollen, geschützt werden.

Ein Aufschrei quer durch die Republik wurde laut. Auf der “Mailingliste des Grauens” (#MldG – die Hauptmailingliste der Piraten in Niedersachsen), über Twitter vom Bundesvorstand und durch die Onlineausgaben der Presse, kamen Unverständnis und Irritiertheit. Ein Affront gegen jede Piratenethik, den Kodex und vor allem, gegen die Pressefreiheit den die Niedersachsen da einschlagen.

Ist diese Bewertung aber wirklich so einfach? Nein.

Die Frage, der “Mixed Zone” ist, viel tief greifender und insbesondere gerade für uns Piraten wichtig:

  • Wie viel Anonymität wird einem Prozess zur politischen Meinungsfindung zugesprochen?
  • Wie definieren wir transparente und nachvollziehbare politische Entscheidungen?
  • Wo ziehen wir die Grenze, wann ein Partei-Mitglied durch seine Teilnahme an Entscheidungen in die Öffentlichkeit rückt, also “Politiker” wird?
  • Weiter gedacht; wie wollen wir den einzelnen Bürger einbinden, ohne seine Anonymität aufzugeben? Oder anders gefragt,
  • wann muss jemand seine Anonymität aufgeben, um mit seinem Kopf statt einer Idee / Thema / Vision zu überzeugen?

Haben wir dazu schon Antworten? Nein.

Wir haben eine Vorstellung von Transparenz und davon wie politische Prozesse öffentlich sein sollen. Zum Schutz der Gesellschaft vor Lobbyismus, um Nachvollziehbarkeit zu erhalten und auch um ein Verstehen zu erzeugen. Und vieles mehr. Was wir nicht definiert haben in diesem Zusammenhang, ist die Transparenzanforderung an das einzelne Individuum.

Wie können wir also die obigen Fragen für uns bereits intern so ausgestalten und mit einem Credo füllen, dass sie in unser Weltbild passen? Und das immer mit dem Hintergedanken, dass wir nicht nur uns Piraten als Mitglieder in den politischen Entscheidungsprozess einbinden wollen, sondern vielmehr auch alle Nichtpiraten, die Interesse an Politik haben.

Als Beispiel: Die Diskussion um Liquid Feedback über die Frage der Anonymität zeigt dies immer wieder. Es wird erwartet das Mandatsträger und Abgeordnete dort ihren Benutzernamen offenbaren. Ein Teil der Piraten fordert diese Klarnamenpflicht von allen Mitgliedern. Andere lehnen dies vehement ab, für jeden Teilnehmer. Beide Seiten kann ich durchaus verstehen. Aber muss ich Wissen, wer wirklich hinter dem Benutzer Osterhase steckt, wenn er mit seinen Anträgen und Beiträgen in meinen Augen wertvolle Arbeit eistet? Würde ich immer noch dieser Meinung sein, wenn ich wüsste, dass es sich um Max Müller handelt, den ich vom Stammtisch kenne und der nie ein vernünftiges Wort raus bekommt? Themen statt Köpfe.

Ist es von daher also so verwunderlich das es Piraten gibt, die auf Parteitagen einfach mal nicht im Bild sein wollen, für die es einen Bereich zum medialen Schutz geben kann? Denkt auch z. B. einmal an dezentrale Parteitage oder Volksabstimmungen. Namentlich, Bildlich und eindeutig Identifizierbar?

Aber wie gesagt, diese Frage geht viel weiter darüber hinaus und wird durch das Thema Mixed Zone nur angeschnitten. Wir sollten es Mittelfristig erörtern und einen Lösungsweg aufzeigen.