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In Hannover hat vor kurzem mal wieder die #CeBIT stattgefunden. Wie im Prinzip auch schon die Jahre davor, gab es kein so wirkliches Highlight für mich. Aber es gab das eine oder andere Ausgestellte, Gesagte und mit der Messe im Zusammenhang Berichtete, das durchaus von Interesse war.
Seit letztem Freitag bin ich zudem zu der Überzeugung gelangt, statt Vermeidung von Daten sollten wir möglichst viele Daten produzieren, (fast) ohne nachzudenken und um jeden Preis. Massen von Daten, im Sinne von “Big Data” – einem Leitwort der CeBIT 2013.
Die CeBIT verändert sich
Das liegt zum einen vermutlich an der sehr rasanten Entwicklung im IT-Bereich, was gestern noch Weltneuheit war, ist heute schon Schnee von gestern. Zum anderen liegt es auch daran, dass bei dieser Messe immer mehr Vorträge und Symposien veranstaltet werden, die für mich interessanter sind, als die neusten Prototypen von 3D-Druckern (so toll die auch sind und welche Möglichkeiten sie auch bringen werden).
Auch ist das, was die deutsche Messe AG als Leitthema angibt, meist dem Zeitgeist der letzten 6 Monate geschuldet und nicht “neu” im Sinne von “visionär”. So kommt es, dass Begriffe wie “Cloud Coumputing” oder “eComerce” mit den dahinter stehenden Inhalten weiterentwickelt wurden oder neue Facetten erhalten, aber nicht neu sind. Aber aus diesen Entwicklungen werden „neue“ Trendwörter als Leitmotiv erwählt. Diese Jahr unter anderem dank kollektiver Bewusstseinsänderung „Shareconomy“ und das überall gegenwärtige „Big Data“.
“Data Mining” wird zu “Big Data”
Das Öl Die wertvollen Daten zu Tage fördern, die an allen Ecken und Enden gesammelt werden, aus der schier unüberschaubaren Ansammlung von Informationen das herausfiltern, was für den Verkauf und Nutzen wichtig sein könnte, das ist als “Data Mining” bekannt. Insbesondere betrifft das den Verkauf, also die Steigerung von Umsatz unter Zuhilfenahme von Firmen, die Datenschürfung betreiben. Bis vor ein paar Jahren hieß das einfach nur “Data Mining”, Zusammenführen und Auswerten von Informationen. Jetzt heißt es, seit ca. 6 Jahren im Übrigen, “Big Data”.
Wir produzieren jeden Tag auf jede nur erdenkliche Art und Weise Daten, die sich mit uns in Verbindung bringen lassen. Personalisiert und / oder auch pseudoanoymisiert hinterlassen wir Datenspuren mit vollem Bewusstsein, oder (vielfach) ohne darüber nachzudenken und / oder es überhaupt zu wissen. Genau diese Datenströme sind immens groß (Big) in ihrer Anzahl, Art und Vielfalt. Und täglich werden es mehr.
Das Problem für eine Firma, den Staat oder einen Interessierten ™, wen auch immer, ist es nun, die relevanten Daten zu sichten, finden, auszuwerten und anschließend zu bewerten. Schlüsse zu ziehen und dann ein mögliches Verhalten richtig und schnell vorher zu sagen. Um nichts anderes geht es, als um Verhalten vorher sagen zu können. Sei es für den Einkauf, eine Wegstrecke, die nächste Straftat oder das Wetter. Es geht darum die Möglichkeiten so eng wie es geht zu begrenzen, und mit einer möglichst hohen Wahrscheinlichkeit in kürzester Zeit etwas vorherzusagen.
Der Mensch ist vorhersagbar
Denn er hat einen ziemlich geregelten Tagesablauf und ist ein Gewohnheitstier. Täglich der selbe Weg zur Arbeit, im selben Geschäft die gleichen Lebensmittel einkaufen, die selben Webseiten zum Lesen von Nachrichten; wir haben alle ein Profil, dem wir täglich (oder in anderen Intervallen) regelmäßig folgen und verfallen.
Diese Routine ist es, die es geschickten Algorithmen und durch Auswahl von definierten Feldern erlaubt, Vorhersagen zu treffen. Für wiederkehrende Tätigkeiten und Befindlichkeiten, aber auch, im Abgleich mit anderen ähnlichen Menschenprofilen, entstehen so Vorhersagen für weiteres Verhalten. Das ist sozusagen die Normierung der Normalität oder das Amazon-Prinzip: “…haben auch gekauft”.
Durch unsere Klickbewegungen im Internet, abrufen von Mails und Inhalten wird Werbung geschaltet, abhängig von unserem Standort. Nur was passiert wenn zu viele schlüssige Daten produziert werden? Wenn wir auf einmal nicht nur an einem Computer scheinbar surfen, sondern über eine Vielzahl von Zugängen zeitgleich unterschiedliche und voneinander total abweichende Dinge machen? Und das auch noch an verschiedenen Orten und zu jeder Zeit, egal ob wir wach sind oder nicht? Wie z. B. über ein VPN-Netz á la TOR?
Datenvermeidung ist passé, Datenschutz aber nicht
Bei solchen Situationen wird die Rückverfolgung erschwert, das Targeting und Profiling größtenteils umgangen. Vermieden werden kann es allerdings nicht, nur erschwert werden. Denn eins ist mal so sicher wie das es bei einer Papstwahl im Schornstein des Vatikan raucht; Je günstiger Technik wird, je Leistungsfähiger die Computer werden, je ausgefallener die Suchmethoden weiterentwickelt werden, desto weniger nützt es Daten(spuren) zu vermeiden. Gespeichertes wird analysiert, und es ist nur eine Frage der Zeit bis diese Zeitnah oder sogar in Echtzeit ausgewertet werden.
Also kann der Weg nur der sein, möglichst viele (unnütze und unlogische) Daten zu produzieren, und den Datenschutz zusätzlich zu verstärken. Gleichzeiitg aber auch eine Aufklärung durchführen, was mit den Daten passiert. Und hier solten die Hersteller und Nutzer der Daten endlich in die Pflicht genommen werden aufzuklären. Details an die ursprünglichen Datenerschaffer (also dich und mich) weiterzugeben, was überhaupt in der Black Box Dienst passiert.
Die bewehrten Mechanismen des wer darf was wie lange speichern und verarbeiten, an wen wie weitergeben und mit welchen Grundlagen überhaut auswerten, müssen überarbeitet werden. Genau hier muss endlich auch konsequent angesetzt werden, mit dem Blick auf das was in den nächsten Jahrzehnten gespeichert wird und werden kann.
Neues CeBIT Leitthema
Darüber wurde auf der CeBIT nicht wirklich referiert. Es gab keine Debatte zu dem neuen EU-Datenschutzgesetz, das war wenn nur am Rande Thema. Eine IT-Messe die Datenschutz nicht als massgebliches Thema hat, bei der aber bei allen anderen Buzz-Wörtern dieses Thema mehr wie angeschnitten wird, sollte sich ernsthaft Gedanken machen.
Vielleicht wäre es endlich an der Zeit als Leitthema Datenschutz und Menschenschutz in der Digitalität anzusetzen. Das ist kein weniger wirtschaftliches Thema als “Big Data” oder “Shareconomy”.